Schwimmende Wind-Innovationen OWSplus Floating Offshore Wind Solutions – wie Rostock die Segel hisst
24.04.2023 • 6 Minuten Lesezeit
Nord- und Ostsee, die Meere vor Deutschlands Küsten, sind recht flach, weshalb sich der Bau schwimmender Windkraftanlagen hierzulande nicht lohnt. Die Windräder direkt im Meeresboden zu verankern ist weniger aufwändig und günstiger noch dazu. Das Potenzial der Floating Offshore Technologie hat die Bundesrepublik hingegen sehr wohl erkannt und entschieden, an vorderster Front mitmischen zu wollen.
Wenn man anlagenseitig allerhöchstens kleine Brötchen backen kann – im September 2020 hatten ENBW und der Windkraftbauer Aerodyn einen Prototyp im Maßstab 1 zu 10 namens „Nezzy2“ in Hafen-Sichtweite zu Wasser gelassen –, so will man immerhin durch Forschungsinitiativen groß rauskommen. Zu diesem Zweck wurde im August 2019 das aus 13 Partnern bestehende Bündnis „OWSplus – Floating Offshore Wind Solutions“ aus der Taufe gehoben.
Das Bundesforschungsministerium will für Schubraft sorgen
OWSplus steht für einen Wachstumskern im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung auf den Weg gebrachten Programms „Innovation & Strukturwandel“. Es soll küstennahen Gegenden, ländlichen Räumen und altindustriellen Gebieten, zu denen insbesondere die ostdeutschen Flächenländer zählen, Impulse liefern, um den Anschluss an die starken Wirtschaftsregionen zu finden.
OWSplus – Floating Offshore Wind Solutions“ repräsentiert ein idealtypisches Bündnis aus Unternehmen, Hochschulen, Forschungseinrichtungen und weiteren Akteuren, welches das Bundesforschungsministerium fördern möchte, um „regional vorhandene Innovationspotenziale zu nutzen und weiterzuentwickeln“.1
Braucht mehr als eine sanfte Brise
Das Bündnis hat sich viel vorgenommen. So hat man sich die Entwicklung und Vermarktung von einer beachtlichen Bandbreite von innovativen Lösungen für schwimmende Offshore-Windparks auf die Fahnen geschrieben. Dabei stehen drei Hauptfelder im Fokus: schwimmende Unterstrukturen, schwimmende Mehrzweckplattformen sowie die Installation und der Betrieb schwimmender Windparks.
In Attributen wie langlebig, betriebssicher, zuverlässig, skalierbar, modular und kostengünstig sollen sich ihre Wettbewerbsfähigkeit manifestieren. Idealerweise bis zum Jahr 2026. Bis dahin die Markterschließung geplant, die weitere Marktdurchdringung ist bis 2030 avisiert. Eine ordentliche Portion unternehmerischer Rückenwind kann da nicht schaden.
Drei Verbundprojekte, die ineinander greifen
- Verbundprojekt 1 sollen alle Aspekte für das Endprodukt „schwimmende Unterstruktur“ prototypisch bereitstellen – von definierten Logistikprozessen bis hin zu konfektionierten Fertigungsstätten mit maximal standardisierten Baugruppen und Komponenten.
- Verbundprojekt 2 befasst sich mit der Entwicklung schwimmender Mehrzweckplattformen, die sich durch ein sicheres, gemeinsames Energiemanagement auszeichnen, das sowohl die Speicherung der Energie wie auch deren Übertragung bis zum Netzanschluss an der Küste gewährleistet.
- Verbundprojekt 3 wird den digitalen Bauplan für schwimmende Windparks bereitstellen. Für maximale Ergebnissicherheit sorgen eine vorgegebene Errichtungsabfolgen sowie ein autarkes Unterwasser-Monitoring-System. Das soll die internationale Planung und Bewertung zukünftiger Projekte ermöglichen.
Aus den vorhandenen Kompetenzen Synergien kreieren
Betrachtet man sich die Bündnispartner, wird rasch klar, warum sich gerade Rostock als Keimzelle für ein Innovationsfeuerwerk eignet. Die EEW Special Pipe Constructions GmbH etwa gehört zu den Pionieren in der Herstellung von Monopiles, den Gründungspfählen von Offshore Windkraftanlagen und kann laut eigener Aussage „dickwandige, längsnahtgeschweißte Rohre mit einem Durchmesser von bis zu 12 Metern, einer Länge von bis zu 120 Metern und einem Stückgewicht von bis zu 2.500 Tonnen“ herstellen.
Die GICON Gruppe erbringt interdisziplinäre Ingenieursdienstleistungen aus einer Hand, während die Krebs Unternehmensgruppe sich den Bereichen Korrosionsschutz, Industriedienstleistungen, Schwerlastlogistik und Offshore Support verschrieben hat. Und das sind nur drei der 16 Partner. Die Kunst wird am Ende darin bestehen, die verschiedenen Kompetenzen so effizient und effektiv wie möglich miteinander zu verzahnen.
WEtix liefert positive Einschätzung für Offshore-Windenergie in Deutschland
Ob das Rostocker Bündnis seine Ziele im vorgegebenen Rahmen erreicht, lässt sich derzeit noch nicht abschätzen. Deutlich ins Positive umgeschlagen ist in jedem Fall das Stimmungsbarometer der Branche im Hinblick auf die Entwicklung der Offshore-Windenergie in Deutschland.
Laut WindEnergy trend:index (WEtix) aus dem Frühjahr 2022 – an der knapp 900 Branchenexperten entlang der gesamten Wertschöpfungskette ihre Einschätzung zu den Entwicklungen der weltweiten On- und Offshore-Windindustrie abgegeben haben – konnte Deutschland den stärken Stimmungszuwachs im internationalen Vergleich verzeichnen. Zusammen mit den zahlreichen Gesetzesinitiativen der Bundesregierung wie dem novellierte EEG, dem „Windenergie-an-Land-gesetz“ und dem „Windenergie-auf-See-Gesetz“ sollte Branche von viel frischem Wind profitieren.