In einer Visualisierung wird eine Gruppe von Fledermäusen dargestellt, die sich einem Windkraftpark im Anflug nähern.

Innovation trifft Verantwortung Tiere schützen, Winderträge steigern: Smarte Technologie macht’s möglich

18.08.2025 5 Minuten Lesezeit

Was passiert, wenn Innovation auf Verantwortung trifft? Um diese Frage anschaulich zu beantworten, nehmen wir Sie mit in unseren Windpark in Frankreich. Dort haben wir 2025 ein Pilotprojekt gestartet, das zeigt, wie sich Artenschutz und Energiegewinnung miteinander vereinen lassen. Ziel war es, die lokale Fledermauspopulation besser zu schützen und gleichzeitig den Windertrag auf möglichst hohem Niveau zu halten.  

Fledermäuse: Im Spannungsfeld zwischen Klimawandel und Windenergie

Windkraftanlagen sind ein zentraler Hebel, um CO₂-Emissionen zu senken – allein der Energiesektor war 2024 in Europa für rund 2,5 Milliarden Tonnen CO₂ verantwortlich.¹ Doch so wichtig Windkraft für den Klimaschutz ist, so sehr steht sie zugleich im Spannungsfeld mit dem Schutz regionaler Tierarten. Immer wieder wird berichtet, dass Anlagen für Vögel und auch für die streng geschützten Fledermäuse zur Gefahr werden können. 

Die Frage lautet daher: Wie lässt sich der Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben, ohne den Artenschutz zu vernachlässigen? Denn beides ist eng miteinander verknüpft. Der Klimawandel bedroht Fledermausarten bereits heute, milde Winter verändern ihre Lebensräume, das Insektensterben schränkt ihre Nahrungsgrundlage ein.² ³  

Warum sind Fledermäuse besonders gefährdet? Sie fliegen häufig in Rotorhöhe und können die schnell rotierenden Blätter nicht rechtzeitig erkennen. Das Kollisionsrisiko ist hoch – und meist tödlich. Da Fledermäuse nur wenige Jungtiere pro Jahr zur Welt bringen, gefährden schon kleine Verluste ganze Populationen.  

Windkraftanlagen unterliegen daher strengen artenschutzrechtlichen Auflagen. Dennoch braucht es zusätzliche Anstrengungen, um Artenvielfalt zu erhalten und gleichzeitig den Ausbau der Erneuerbaren voranzubringen. Beides zu verbinden, ist entscheidend: Denn kurzfristiger Schutz von Tierarten und langfristiger Klimaschutz sind zwei Seiten derselben Medaille. 

Wie kann das Dilemma gelöst werden?

Zum Schutz von Fledermäusen werden Windräder heute bei bestimmten Umweltbedingungen, etwa bei schwachem Wind, trockener Witterung und in der Dämmerung, abgeschaltet. Diese Maßnahmen sind unverzichtbar für den Artenschutz, führen jedoch häufig zu Ertragsverlusten. 

Wir bei klimaVest haben gemeinsam mit der Fleximaus GmbH sowie Betriebsführern wie BayWa r.e., Energiekontor und Juwi für eine technologiebasierte Lösung für das Dilemma umgesetzt. Die Standorte mit den höchsten Verlusten wurden gezielt analysiert, um die Abschaltlogiken zu optimieren. Fleximaus brachte dabei eine spezialisierte Methodik ein, die bestehende Sensorik und Steuerungen durch präzisere, datenbasierte Systeme ersetzt. 

Konkret kommen dabei Maßnahmen wie diese zum Einsatz: 

 

  • Nutzung von Park- statt Einzelanlagen-Windgeschwindigkeiten
  • Integration zusätzlicher Sensoren für Niederschlag und Luftfeuchtigkeit 
  • Optimierte Positionierung der Sensorik 
  • Feinjustierung der Zuschaltphasen  
  • Höher frequentierte Datenabfragen für präzisere Steuerungen


    Die Umsetzung erforderte enge Abstimmungen mit Genehmigungsbehörden und Herstellern – ein Prozess, der insbesondere in Deutschland mit zahlreichen Hürden verbunden ist. Das Ergebnis zeigt jedoch, dass Artenschutz und Energieertrag kein Widerspruch sein müssen.

Unser Pilotprojekt in Frankreich

Unser Windpark Tout Vent – zu Deutsch „Alle Winde“ – in der westfranzösischen Region Nouvelle-Aquitaine zeichnet sich nicht nur durch seine exzellenten Windverhältnisse aus. Mit sechs Turbinen des Herstellers Nordex ist die Anlage auf eine jährliche Energieproduktion von rund 59.300 Megawattstunden ausgelegt. Diese Rahmenbedingungen machten „Tout Vent“ zum idealen Standort für unser Pilotprojekt, mit dem wir die Abschaltmaßnahmen zum Schutz der lokalen Fledermauspopulation gemeinsam mit der Fleximaus GmbH optimieren wollten. 

Die Umsetzung verlief reibungslos: Sowohl die Genehmigungsbehörde DREAL als auch der Hersteller Nordex unterstützten das Vorhaben von Beginn an. Nach etwa einem Jahr Vorbereitung wurde das System im März 2025 installiert und am 1. April erfolgreich in Betrieb genommen. 

Die Ergebnisse

Durch den Einsatz der neuen Steuerungssysteme konnten die Ertragsverluste aufgrund von Abschaltungen zum Schutz der Fledermäuse um 43 % gegenüber der bisherigen Logik reduziert werden. Allein in den letzten zwei Monaten brachte dies eine Mehrproduktion von 219 MWh, ein zusätzlicher Ertrag von rund 16.500 Euro. Hochgerechnet auf das gesamte Jahr mit seinen saisonalen Schwankungen ergibt sich ein prognostizierter Mehrertrag von rund 1.700 MWh beziehungsweise 130.000 Euro. Damit amortisieren sich die Investitionskosten voraussichtlich bereits innerhalb der ersten kritischen Fledermausschutzzeit, also zwischen März und Oktober. 

Diese Zahlen zeigen deutlich, welches Potenzial intelligente Steuerungssysteme haben – besonders in den Sommermonaten, wenn die Fledermausaktivität hoch ist und gleichzeitig weniger Wind weht. 

Wie geht es jetzt weiter?

In Deutschland ist die Umsetzung solcher Maßnahmen noch von politischen und regulatorischen Hürden geprägt. Wir sind weiterhin im engen Dialog mit Herstellern und Behörden, um Lösungen voranzubringen. Parallel arbeitet Fleximaus an wissenschaftlichen Studien, die den Erfolg der Optimierungen belegen sollen, insbesondere im Hinblick auf den Artenschutz. Fundierte Nachweise sind entscheidend, um Genehmigungsprozesse zu vereinfachen und den Weg für den Einsatz an weiteren Standorten zu ebnen. 

Unser Ziel: Artenschutz und Energieertrag noch besser miteinander in Einklang bringen – und das nicht nur in Frankreich.